Mediziner warnen vor Versorgungsnotstand in Kinderkliniken

Pflegepersonal und Ärzte fehlen / Gesundheitsministerium sieht keinen Handlungsbedarf

Die Versorgung kranker Kinder in Deutschland ist wegen des zunehmenden ökonomischen Drucks im Gesundheitssystem gefährdet. Fehlendes Personal, sowohl in der Pflege als auch bei Ärzten, führe zu einer eingeschränkten Versorgungsqualität und gefährde damit das Wohl der Patienten; besonders betroffen seien akut und chronisch schwerkranke Kinder. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des interdisziplinären Forschungszentrums Ceres der Universität Köln.

Für die sogenannte Cope-Studie haben Wissenschaftler in Einzel- und Gruppengesprächen fünfzig Beschäftigte in Kinderkliniken sowie Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie nach ihrer Arbeitssituation befragt. "Die derzeitige Lage der Pädiatrie resultiert daraus, dass die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung von Kindern nicht ausreichend finanziert werden. Ganz besonders betrifft das die hohen Vorhalte- und Personalkosten der Kliniken", sagt Professorin Ingeborg Krägeloh-Mann, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. "Für die Mitarbeiter in Kinderkliniken wird es zunehmend schwierig, eine Balance zwischen finanzieller Notwendigkeit und adäquater Patientenversorgung zu finden", so Krägeloh-Mann weiter.

Nach Ansicht der für die Cope-Studie Befragten stünden Mitarbeiter von Pädiatrien immer häufiger vor ethischen Konflikten. Diese trügen zu einer weiteren Destabilisierung des Systems bei. Das Bundesgesundheitsministerium sieht im Moment offenbar keinen Handlungsbedarf in Bezug auf die Finanzierung pädiatrischer Leistungen. Aufgrund der jährlichen Kalkulation und Anpassung des Fallpauschalensystems an die Rahmenbedingungen sei zurzeit von einer sachgerechten Abbildung der stationären Leistungen von Kindern und Jugendlichen auszugehen, heißt es seitens des Ministeriums.

Besondere Sorge bereiten den Kinder- und Jugendärzten die nahenden Wintermonate. Schon jetzt können zahlreiche Kliniken, selbst in großen Städten, kranke Kinder wegen fehlender Betten oder fehlenden Personals nicht aufnehmen. Selbst schwerkranke Kinder müssen häufig in weit von ihrem Wohnort entfernte Kliniken verlegt werden.


Luci, FRANKFURT, 13.09.2019, Frankfurter Allgemeine Archiv


Den Artikeln zu Grunde liegende Studie:
Gefangen zwischen Ethik und Ökonomie